Am Karfreitag betrug der Stau vor dem Gotthard-Nordportal 22 km. Wer über Ostern mit dem Auto ins Tessin fährt und fast vier Stunden Wartezeit im Stau in Kauf nimmt, ist selbst schuld. Wir haben gerne verzichtet, was aber nicht für den Rest des Jahres gilt, denn immerhin befindet sich das Bundesstrafgericht im Tessin. Das Bundesstrafgericht ist ein eidgenössisches Gericht mit Sitz in Bellinzona, das seine Tätigkeit am 14. April 2004 aufgenommen hat.
Befasst man sich etwas mit der Medienberichterstattung aus Bellinzona und mit den Entscheiden des Bundesstrafgerichts, sticht ins Auge, dass meist dieselben Anwälte vor den Schranken dieses Gerichts auftreten. Miteinander gemeinsam haben sie, dass sich ihre Kanzleien in Bern befinden. Um diesem Phänomen auf den Grund gehen zu können, drängt sich die Frage auf, anhand welcher Kriterien die Bundesanwaltschaft (BA) in den konkreten Fällen bei der Einsetzung amtlicher Verteidiger vorgeht? Die Antwort ist verblüffend einfach. In erster Linie spielen nicht etwa – wie man meinen könnte – fachliche, sondern vor allem geografische Kriterien eine Rolle. Gemäss unserer Recherche greifen die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte des Bundes aufgrund der geografischen Nähe am ehesten zur Pikettliste des Bernischen Anwaltsverbandes. Bellinzona liegt im Kanton Bern!
Auch wenn sich der Hauptsitz der BA in Bern befindet und es praktisch sein mag, seine Gegnerinnen und Gegner aus der unmittelbaren Nähe aufzubieten, dürfen geografische Umstände kein auschlaggebendes Zuweisungskriterium sein. Immerhin handelt es sich bei der BA um eine eidgenössische Behörde, die für die Ermittlung und Anklage von Straftaten im Bereich der Bundesgerichtsbarkeit zuständig ist.
Als unparteiliche Institution, welche an die Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze gebunden ist, wäre es an der Zeit, wenn sich die BA bei der Einsetzung notwendiger Verteidigungen hauptsächlich an fachlichen Kriterien orientiert. Auf Strafverteidigung spezialisierte Anwältinnen und Anwälte lassen sich nämlich nicht nur in Bern, sondern zweifellos auch in anderen Regionen der Schweiz finden. Naheliegend wäre beispielsweise, sich an eine Pikettliste mit Fachanwältinnen und -anwälten zu halten. Bis heute verfügen schweizweit nämlich rund 95 Kolleginnen und Kollegen über den Titel «Fachanwältin SAV Strafrecht» bzw. «Fachanwalt SAV Strafrecht». Auf diesen Pool von Spezialistinnen und Spezialisten könnte die BA jederzeit zugreifen, wenn es darum ginge, eine Pflichtverteidigung zu installieren.
Für Fragen, wie die konkrete Ausgestaltung eines Verteidigungspiketts bestehend aus Fachanwältinnen und – anwälten aussehen könnte, stehen wir Bundesanwalt Stefan Blättler gerne zur Verfügung.
