Praxiswissen

DNA-Abnahme und -Profil-Erstellung (Art. 255 StPO)

Stephan Schmidli – Rechtsanwalt und Fachanwalt SAV Strafrecht

Die Staatsanwaltschaft kann zur Aufklärung eines Verbrechens oder eines Vergehens von einer beschuldigten Person eine DNA-Probe abnehmen und ein DNA-Profil erstellen lassen. So letzthin geschehen bei einem jungen Mann, der zeitnah in der Nähe eines Tatorts polizeilich kontrolliert wurde. Er war vor der Tat mit Kameraden zusammen, von denen zwei der Tat dringlich verdächtig sind, und hat im Nachgang versucht, einen von ihnen anzurufen.

Konkret ging es um eine oder auch mehrere beschädigte und entleerte Parkuhren, also keineswegs um ein Kapitalverbrechen. Für die Staatsanwaltschaft bestand im Gegensatz zur Polizei ein genügend hinreichender Tatverdacht, um gegen den jungen Mann eine DNA-Abnahme und – Profil-Erstellung zu verfügen. Die dagegen erhobene Beschwerde war fruchtlos: Auch für die Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Bern begründete diese Ausgangslage einen hinreichenden Tatverdacht (Beschluss BK 20 245). Der Tatverdacht soll also sogar dann hinreichend sein, wenn ein Abgleich das einzige Beweismittel für eine Überführung ist. Meines Erachtens ein klassischer Zirkelschluss: Wenn sich ex post ein Treffer ergibt, wäre also der Tatverdacht hinreichend gewesen? Somit wäre die Fishing Expedition legalisiert.

Da die DNA-Abnahme aber nicht auch noch mit dem Hinweis auf mögliche vergangene oder zukünftige Straftaten angeordnet worden ist, also nur zur Abklärung des Anlassdeliktes, ist es dem jungen Mann versagt, sich an das Bundesgericht zu wenden, weil kein nicht wiedergutzumachender Nachteil vorliegt, da die Erfassung und Profil-Erstellung noch mit dem Endentscheid angefochten werden könnte (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG), die Anordnung also einen nicht selbständig anfechtbaren Zwischenentscheid darstellt. Es stellt sich ein zweites Problem: Was passiert nun mit dem DNA-Profil des Beschuldigten im laufenden Verfahren? Die Polizei ist doch sicher versucht, es mit der DNA-Datenbank abzugleichen im Hinblick auf vergangene, ungeklärte Straftaten, obwohl die Probe explizit nicht dafür angeordnet wurde. Was, wenn sich daraus ein Treffer ergäbe? Wäre dieses Beweismittel verwertbar? Es wurde ja nicht widerrechtlich erhoben. Entweder müsste im Abgleich mit der Datenbank eine Widerrechtlichkeit erblickt werden, weil das Beweismittel nur im Hinblick auf die Anlasstat erhoben wurde. Oder das Bundesgericht gibt die restriktive Praxis bezüglich des Zwischenentscheids bei DNA-Profilen zur Abklärung von Anlassdelikten auf, da eine DNA-Abnahme und -Profil-Erstellung durch den potenziellen Abgleich mit der Datenbank immer über das Verfahren der Anlasstat hinausgeht, dem Betroffenen also ein nicht wiedergutzumachender Nachteil erwächst.

Abgesehen davon: Wenn eine Straftat mangels jedes anderen Beweismittels nur mit einer DNA-Abnahme aufgeklärt werden kann, so erleidet doch der Betroffene durch die Preisgabe seiner DNA schon so einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil im Falle einer Übereinstimmung seiner DNA mit den Tatortspuren.