Praxiswissen

Geldwäscherei: Die Krux mit der ausländischen Vortat

Andrea Taormina – Rechtsanwalt und Fachanwalt SAV Strafrecht

Der Geldwäscherei macht sich strafbar, wer eine Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln, die, wie er weiss oder annehmen muss, aus einem Verbrechen oder einem qualifizierten Steuervergehen herrühren. Der Tatbestand der Geldwäscherei setzt unter anderem den Nachweis der Vortat voraus. Der Täter wird nach Art. 305bis Ziff. 3 StGB auch bestraft, wenn die Vortat im Ausland begangen wurde und am Begehungsort ebenfalls strafbar ist. Es gilt somit das Prinzip der beidseitigen Strafbarkeit. Umstritten ist, ob die beidseitige Strafbarkeit konkret sein muss («die Vortat ist in der Schweiz als Verbrechen strafbar, wenn sie auf schweizerischem Boden begangen worden wäre») oder ob eine abstrakte («die Vortat weist die objektiven Merkmale eines nach schweizerischem Recht strafbaren Verbrechenstatbestandes auf») beidseitige Strafbarkeit hinreichend ist. Das Bundesgericht hat sich vor etwa zehn Jahren für das Prinzip der abstrakten beidseitigen Strafbarkeit ausgesprochen. Die Kontroverse hat mit Pönalisierung der passiven Bestechung ausländischer Beamter in Art. 322septies StGB indessen an Brisanz verloren.

Gar nichts an ihrer Brisanz hat die Frage nach dem hinreichenden Nachweis der ausländischen Vortat verloren. Die ausländische Vortat muss von den schweizerischen Strafbehörden nachgewiesen werden. Obwohl die Frage des hinreichenden Nachweises grundlegende strafprozessuale Prinzipien betrifft, wurde sie von der Lehre stiefmütterlich behandelt und scheint in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung schlichtweg nicht erörtert worden zu sein. Nach einer Lehrmeinung soll der detaillierte Nachweis der Vortat mit Angabe von Deliktsort, Tatzeit usw. bezüglich der Auslandsvortat nicht erforderlich sein, genauso wenig wie ein rechtskräftiges ausländisches Urteil oder ein Strafverfahren im Ausland nötig sei. Erforderlich sei einzig die «objektiv nachweisbare Gewissheit», dass ein tatbestandsmässiges und rechtswidriges Verbrechen begangen wurde. Allein: Wie soll die objektiv nachweisbare Gewissheit möglich sein, ohne gleichzeitig grundlegende strafprozessuale Prinzipien über Bord zu werfen? Wie soll der Geldwäschereirichter in rechtsstaatlicher Manier zur objektiv nachweisbaren Gewissheit kommen, dass ein Verbrechen tatbestandsmässig und rechtswidrig begangen worden ist, ohne dass diesbezüglich ein eigentliches Verfahren geführt wurde? Entweder gilt der Rechtsstaat oder er gilt nicht. Tertium non datur. Mit anderen Worten ist zu fordern, dass dem Geldwäschereibeschuldigten und allenfalls weiteren der Vortat beschuldigten Personen alle strafprozessualen Rechte zustehen und die gleichen Anforderungen an eine Verurteilung gestellt werden wie in einem nationalen Verfahren.

Doch selbst bei Vorliegen eines rechtskräftigen ausländischen Urteils über die Vortat stellen sich heikle Fragen. In der Lehre wird zwar die Meinung vertreten, die schweizerischen Strafbehörden könnten unter Bezugnahme auf das ausländische Urteil die Vortat feststellen. Unbestritten ist jedoch, dass dem ausländischen Urteil keine Bindungswirkung zukommt: Der hiesige Richter muss die ausländische Vortat selbständig beurteilen und auch in tatsächlicher Hinsicht überprüfen. Der Richter könne nach besagter Lehrmeinung nur, aber immerhin, auf ein gesondertes Beweisverfahren verzichten, wenn das ausländische Urteil rechtskräftig ist, das urteilende Gericht im Staat liegt, der international zuständig ist, und wenn der ausländische Entscheid unter Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze zustande gekommen ist. Diese Lehrmeinung ist nicht überzeugend.

Die sorgfältige Überprüfung der Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze setzt regelmässig die Durchführung eines Beweisverfahrens voraus.