Praxiswissen

Durchsetzung von Zivilforderungen im Strafverfahren

Andreas Dudli – Rechtsanwalt und Fachanwalt SAV Strafrecht

Eine adhäsionsweise Geltendmachung hat Vorteile. Denn bei einem Schuldspruch kann das erkennende Gericht auch den zivilrechtlichen Schaden behandeln, soweit die Forderung der geschädigten Partei ausgewiesen ist. Diese muss so nach einem strafrechtlichen Schuldspruch im Nachhinein nicht noch einen zivilrechtlichen Prozess starten. Das Prozesskostenrisiko kann so gesenkt werden. Die Geltendmachung des Schadens im Strafverfahren ist für die geschädigte Person in den meisten Fällen günstiger. Am 1. Januar 2024 sind im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Zivilforderungen im Strafprozess zwei wichtige Änderungen in Kraft getreten, die im Folgenden kurz thematisiert werden.

Neu kann über zivilrechtliche Ansprüche auch im Strafbefehlsverfahren Entschieden werden. Dies war bisher nicht möglich (ausgenommen war eine Vormerkung bei Anerkennung der Forderung durch die beschuldigte Person). Die geschädigte Partei war nach einem Schuldspruch durch Strafbefehl stets gezwungen, selbst ein Zivilverfahren in die Wege zu leiten. Der Entscheid über Zivilforderungen im Strafbefehlsverfahren ist neu möglich, wenn die Beurteilung der Zivilforderung ohne weitere Beweiserhebung Möglich ist und sie den Streitwert 30 000 Franken nicht übersteigt (Artikel 353 Absatz 2 StPO). Die Privatklägerschaft ist somit gut beraten, ihre zivilrechtlichen Ansprüche bereits früh im Vorverfahren zu beziffern und zu belegen. Da die Staatsanwaltschaft sich bisher nicht beziehungsweise nur am Rande mit Zivilansprüchen befassen musste, ist die geschädigte Partei ebenso gut beraten, ihre Ansprüche möglichst detailliert und nachvollziehbar darzulegen. Es muss in ihrem Interesse sein, dass die Zivilforderung beim Erlass eines Strafbefehls geschützt wird und nicht auf den Zivilweg verwiesen wird. Wird das Strafverfahren nicht durch Strafbefehl abgeschlossen, sondern mit Anklage vor Gericht gebracht, gibt es seit 1. Januar 2024 ebenso eine Änderung, die man kennen sollte. Bisher musste die Privatklägerschaft ihre Ansprüche spätestens an der Hauptverhandlung begründen, was verschiedene Nachteile mit sich brachte. So konnte sich weder das Gericht noch die beschuldigte Person mit den Vorbringen auseinandersetzen. Neu muss das Gericht der Privatklägerschaft nach Eingang der Klage eine Frist ansetzen, um die Zivilklage zu beziffern und zu begründen (Artikel 331 Absatz 2 StPO). Es ist davon auszugehen, dass dies nicht nur eine Ordnungsvorschrift ist. Kommt die Privatklägerschaft diesen Formalien nicht nach, riskiert sie, dass das Strafgericht auf die Zivilforderungen nicht eintritt und die Forderungen auf den Zivilweg verwiesen werden.